Psychologische Sicherheit – Tipps für Führungskräfte

Zwei typische Situationen, die viel über die psychologische Sicherheit im Team aus der Sicht der Mitarbeitenden aussagen:

  1. Du bist in einem Team-Brainstorming, als dir eine ungewöhnliche Idee kommt. Sie hat das Potenzial, eine bahnbrechende Innovation für dein Team zu sein, aber es ist auch möglich, dass sie ein Flop wird oder, schlimmer noch, dass du ausgelacht wirst. Wie verhältst du dich?
  2. Vielleicht stellst du fest, dass du eine ganz andere Sichtweise als dein Vorgesetzter hast, wenn es darum geht, eine Hürde in einem wichtigen Projekt zu überwinden. Bist du bereit, deine Meinung zu sagen, in der Erwartung, dass sie gehört und berücksichtigt wird? Oder schweigst du, weil du weißt, dass deine abweichende Meinung aufgrund der Hierarchie nicht erwünscht ist?

Untersuchungen von Google (Aristoteles-Studie) zeigen, dass psychologische Sicherheit der wichtigste Faktor für die Bildung eines effektiven Arbeitsteams ist. Sie ist der Schlüsselfaktor für Innovation, effektive Zusammenarbeit und Mitarbeiter*innen-Bindung.

Was können Führungskräfte konkret tun?

Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle, da eine Kultur der psychologischen Sicherheit nicht von oben verordnet werden kann, sondern immer im konkreten Arbeitskontext entsteht. Hier einige konkrete Maßnahmen, die Führungskräfte ergreifen können, um die psychische Sicherheit in ihren Teams zu förder

Ermutigen Sie zu gegensätzlichen Standpunkten, indem Sie die Frage stellen: „Was übersehe ich?“ Dies signalisiert den Mitarbeitenden, dass gegensätzliche Sichtweisen willkommen sind und erwartet werden, so dass sie die Erfahrung machen, dass ihre Perspektive relevant ist.

  • Aktives Zuhören und Engagement zeigen: Führungskräfte sollten in Besprechungen voll präsent sein, d.h. elektronische Geräte ausschalten, um Ablenkungen zu vermeiden, und sich voll auf das Gespräch konzentrieren. Sie sollten durch Fragen zeigen, dass sie lernen wollen und offen für neue Ideen sind. Ein Beispiel hierfür ist die Frage nach der Meinung eines ruhigeren Teammitglieds oder die Bitte um ein konkretes Feedback zu einem Vorschlag.
  • Zuhören mit Neugier und Demut: Wirkliches Zuhören als Führungskraft erfordert eine Verpflichtung zur Neugier. Während es verlockend ist, eine Antwort vorzubereiten, während die andere Person spricht, sind die besten Führungskräfte völlig präsent und konzentrieren sich auf das, was gesagt wird. Es ist vor allem die Fähigkeit, den Standpunkt des anderen vollständig zu verstehen, auch wenn man zunächst anderer Meinung ist.
  • Ein Klima des Vertrauens schaffen: Es ist wichtig, ein Umfeld zu fördern, in dem sich die Mitarbeiter sicher fühlen, Risiken einzugehen und Fehler zuzugeben, ohne Angst vor Bestrafung oder Bloßstellung zu haben. Führungskräfte können dies unterstützen, indem sie sich selbst verletzlich zeigen, z. B. indem sie eigene Fehler eingestehen oder Unsicherheiten teilen. Dies kann zum Beispiel in einer Teamsitzung geschehen, in der die Führungskraft offen über eine kürzlich getroffene Fehlentscheidung spricht und diskutiert, welche Lehren daraus gezogen werden können.
  • Eigene Verletzlichkeit zeigen: Führungskräfte, die ihre eigene Verletzlichkeit zeigen, schaffen ein Umfeld des Vertrauens, in dem sich Mitarbeiter sicher fühlen, ihre eigenen Unsicherheiten zu teilen. Dies fördert Offenheit und reduziert die Angst vor Fehlern oder Kritik.
  • Transparente Kommunikation und Erklärung von Entscheidungen: Führungskräfte sollten nicht nur Entscheidungen treffen, sondern auch die Überlegungen dahinter transparent machen, indem sie die Beweggründe für bestimmte Strategien erläutern. Dadurch fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser informiert und stärker in den Entscheidungsprozess eingebunden.
  • Aufrichtigkeit: Führungskräfte, die Aufrichtigkeit zeigen, fördern eine Kultur der Transparenz und Klarheit, was Vertrauen und gegenseitigen Respekt stärkt. Ehrliche Kommunikation verringert Missverständnisse und ermöglicht es den Mitarbeitenden, offen ihre Meinung zu äußern. Dadurch entsteht eine Atmosphäre, in der sich alle sicher fühlen, authentisch zu sein und Probleme gemeinsam zu lösen.
  • Nichtwissen zugeben: Veraltete Führungsmodelle beschwören das Bild einer allwissenden Führungskraft herauf, deren Macht daraus resultiert, dass sie sich gegenüber ihren Mitarbeitenden nie verletzlich zeigt. Stattdessen zeugt das Eingeständnis, die richtige Antwort auf ein Problem noch nicht zu kennen, von einer Haltung der Neugier und des kontinuierlichen Lernens. Dies fördert den Informationsaustausch, innovative Sichtweisen und zeigt den Mitarbeitern, dass es in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten oder neue Dinge auszuprobieren.
  • Förderung von Fehlern und Lernen aus Fehlern: Ein positiver Umgang mit Fehlern kann entscheidend für die Schaffung einer Kultur der psychologischen Sicherheit sein. Ein konkretes Beispiel wäre die Einführung eines „Fehlers des Monats“, bei dem Teams zusammenkommen, um einen kürzlich aufgetretenen Fehler zu besprechen, nicht um Schuld zuzuweisen, sondern um gemeinsam daraus zu lernen. Dies fördert das Verständnis, dass Fehler Teil des Lernprozesses sind und nicht gefürchtet werden sollten.
  • Emotionale Intelligenz entwickeln: Trainings in emotionaler Intelligenz können dazu beitragen, dass Mitarbeiter besser mit ihren eigenen Emotionen und denen ihrer Kollegen umgehen können. Dies verbessert die zwischenmenschliche Kommunikation und reduziert Konflikte.

Durch die Anwendung dieser Praktiken können Führungskräfte ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich die Mitarbeiter sicher fühlen, ihre Meinung zu äußern, kreative Risiken einzugehen und offen über Fehler und Bedenken zu sprechen. Dies führt nicht nur zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung, sondern auch zu besserer Teamleistung und Innovation.

Das B.I.T.S.-Modell von SIY Global*

gibt einen guten Überblick über die relevanten Dimensionen psychologischer Sicherheit:

  • Zugehörigkeit (Belonging) – die Verbindung zu anderen aufrechterhalten und stärken
  • Inklusion (Inclusion) – die Wertschätzung aller Mitglieder und ihrer Unterschiede in einem Team
  • Vertrauen (Trust) – das Vorleben von Authentizität, Verletzlichkeit und Sinnhaftigkeit
  • Sicherheit (Safety) – die Förderung von Lernen, Zusammenarbeit und Risikobereitschaft

*SIY Global ist aus dem Search Inside Yourself Programm entstanden, das ursprünglich bei Google entwickelt und später ausgegliedert wurde.

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*VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe volatility ‚Volatilität‘ (Unbeständigkeit), uncertainty ‚Unsicherheit‘, complexity ‚Komplexität‘ und ambiguity ‚Mehrdeutigkeit‘.